Geld kommt bei der Truppe nicht an
Das Interview führte Martin Schwarzkopf.
Main-Echo: „Nervt es Sie, dass in der bundes- politischen Arena derzeit der Asylstreit zwischen den Schwesterparteien CSU und CDU alle anderen Themen überlagert?“
KLEIN:“Aus Sicht eines Haushaltspolitikers ist es bedauerlich, dass die derzeit laufenden Beratungen über den Bundeshaushalt 2018 in den Hintergrund rücken. So schade das ist, so richtig ist aber auch, dass die Asyl- und Migrationspolitik ein wichtiges Thema ist.“
Main-Echo: „Wie erleben Sie diese Debatte innerhalb der Union?“
KLEIN: „Ich bin fest davon überzeugt, dass das Verhalten und die Tonlage der CSU in erster Linie dem Landtagswahlkampf geschuldet sind. Ich nehme die Stimmung im Bundestag bei den Kollegen der Unionsfraktion schon als sehr an- gespannt wahr. Ich glaube nicht, dass das alles nur eine Inszenierung ist, wie der eine oder andere meint. Ich bin überzeugt: Das geht schon tiefer.“
Main-Echo: „Lassen Sie uns über Haushaltspolitik sprechen: Laufen die Beratungen in den Ausschüssen, vor allem im Haushaltsausschuss, eher kooperativ oder eher konfrontativ ab?“
KLEIN: „Unter den Haushaltspolitikern der Fraktionen gibt es schon einen gewissen Zusammenhalt, der ja auch bekannt ist, weil wir das Geld zusammenhalten müssen. Des- halb gibt es einige Punkte, in denen man gut zusammenarbeitet. Klar ist aber auch, dass die Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen in der Regel alle abgelehnt werden. Das ist das ganz normale politische Vorgehen, da gibt es bei den Haushaltsberatungen oder im Haushaltsausschuss kein anderes Verhalten.“
Main-Echo: „Also alles nur die altbekannten Rituale?“
KLEIN: „Naja, spannender wird es dann in der kommenden Woche am Mittwoch, da findet im Haushaltsausschuss in Berlin die sogenannte Bereinigungssitzung statt, besser bekannt als die Nacht der langen Messer. Da geht es dann ja wirklich um jeden Euro in den einzelnen Ressortetats. Da bin ich als Neuling dann schon gespannt, wie das alles abläuft.“
Main-Echo: „Sie sind ja im Haushaltsausschuss für Ihre Fraktion für verschiedene Bereiche zuständig, unter anderem für die Verteidigungs- und Gesundheitspolitik. Bleiben wir erst einmal bei der Bundeswehr: Setzen Sie sich dafür ein, dass das den Nato-Partnern gegebene Versprechen, dass die Verteidigungsausgaben deutlich erhöht werden, eingehalten wird?“
KLEIN: „Die Haltung unserer Fraktion ist eindeutig: Die Mehrausgaben, die derzeit geplant sind, tragen wir mit. Diese geplanten Mehrausgaben betragen vier Milliarden Euro, die Ministerin Ursula von der Leyen will natürlich viel mehr haben, da ist von acht bis zwölf Milliarden Euro die Rede. Ich persönlich sehe die größten Probleme allerdings darin, dass das Geld, das der Bundestag zur Verfügung stellt, gar nicht bei der Truppe an- kommt.“
Main-Echo: „Wie meinen Sie das?“
KLEIN: „Die Projekte im Bereich der Rüstungsinvestitionen sind alle verzögert, egal wo man hinschaut. Alle Anschaffungen werden deutlich teurer. Eine politische Hauptaufgabe wird darin bestehen, an der Effizienz der Bundeswehrverwaltung zu arbeiten.“
Main-Echo: „Wird das Verteidigungsministerium also momentan schlecht geführt?“
KLEIN: „Als Oppositionspolitiker kann man es sich einfach machen und mit Ja antworten. Es ist Aufgabe und Verantwortung der Ministerin, diese Effizienzprobleme abzustellen. Da ist sie auch noch nicht so weit, wie man nach viereinhalb Jahren sein könnte. Allerdings muss man auch klar sehen, dass in den Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung bei der Bundeswehr hart gekürzt und gespart worden ist, gerade bei den Investitionen ins Material. Das sind natürlich Prozesse, die man nicht innerhalb weniger Monate wieder umkehren kann.“
Main-Echo: „War das ein Fehler?“
KLEIN: „Aus der damaligen Sicht war es kein Fehler. Aber das ist ein Bei- spiel dafür, dass weltpolitische Prozesse nicht immer so leicht einzuordnen sind. Man ist grundsätzlich gut beraten, sich nicht nur von tagespolitischen Stimmungen leiten zu lassen. Von heute aus betrachtet war natürlich manche Entscheidung ein Fehler. Mit Blick auf die Landesverteidigung muss man leider festhalten, dass die Bundeswehr derzeit keine ab- schreckende Wirkung haben kann, weil wir so schlecht bei der Ausstattung dastehen.“
Main-Echo: „Verstehen Sie, dass Bundeswehrsoldaten derzeit ziemlich gefrustet sind?“
KLEN: „Das kann ich absolut nachvoll- ziehen. Wir hatten ja gerade wie- der ein besonders markantes Bei- spiel: Die Bundeswehr wollte vor zwei, drei Wochen an einer Übung in Norwegen teilnehmen – aber dann haben sogenannte Sturmmasken gefehlt. Diese mussten dann innerhalb der Bundeswehr mühsam zusammengesammelt werden, da reden wir über einen Vier-Euro-Artikel.“
Main-Echo: „Lassen Sie uns auf die Gesundheitspolitik schauen: Da gibt es mit Jens Spahn einen dynamischen Minister, der jetzt alles besser machen will. Registrieren Sie das auch im Haushaltsausschuss?“
KLEIN: „Jens Spahn äußerst sich ja zu allem, nur leider viel zu lange nicht zur Gesundheitspolitik. Spahn erklärt uns das so: Gesundheitspolitik sei Sozialpolitik und da hänge alles mit allem zusammen. Ich halte bekanntlich viel von Jens Spahn, er ist aber jetzt in seinem eigenen Ressort massiv gefordert. Erste Initiativen zur Pflege, aber auch für den Umgang mit den Rücklagen der Krankenkassen hat er jetzt ja angestoßen. Das sind die richtigen Diskussionsansätze. Spahn muss jetzt aber beweisen, dass er etwas bewegen kann.“
Main-Echo: „Das Mega-Thema in der Gesundheitspolitik ist der Pflegenot- stand. Kann man da im Bundeshaushalt irgendetwas tun, um zur Linderung des Problems beizutragen?“
KLEIN: „Es gibt einen neuen Haushaltstitel zur Pflegekampagne: Der zielt darauf ab, für den Pflegeberuf zu werben. Wichtig ist dabei zu wissen: Der Gesundheitsetat liegt bei rund 15 Milliarden Euro, 14,5 Milliarden davon gehen als Zuschuss in die gesetzliche Krankenversicherung. Deshalb sind die Möglichkeiten, über den Bundeshaus- halt etwas zu bewirken, begrenzt. Wir haben außerdem beantragt, dass über die private Säule in der Pflegeversicherung, den sogenannten Pflege-Bahr, wieder mehr und besser informiert wird. Dies ist ein staatlich gefördertes Vorsorgeinstrument, damit sich später einmal keine Finanzierungslücke bei Pflegebedürftigen auftut.“
Main-Echo: „Das reicht aber alles nicht, um den Pflegenotstand zu bekämpfen.“
KLEIN: „Nein, da muss in vielen Politikfeldern noch viel gemacht wer- den. Ein wichtiger Baustein besteht darin, die Attraktivität des Pflegeberufs zu erhöhen – auch durch höhere Löhne. Außerdem liefert der Pflegebereich den besten Beweis dafür, dass wir endlich ein Gesetz für die Steuerung der gewollten und sinnvollen Zuwanderung brauchen. Wir hatten ja gerade einen markanten Fall in Würzburg, bei dem Migranten, die einen Pflegeberuf ergreifen, ab- geschoben werden sollen. Das ist grotesk, wenn wir Leute, die wir hier dringend brauchen, nach Hause schicken, weil es überhaupt kein brauchbares Instrument für die legale Einwanderung gibt. Hier muss etwas passieren.“