Karsten Klein

Das Förderprogramm des BMVI zur Elektrifizierung regionaler Strecken gerät zu einer Luftnummer

Zur Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion zum Thema: „Elektrifizierung regionaler Schienenstrecken“ erklärt der Haushaltsexperte der FDP-Bundestagsfraktion und Initiator der Anfrage, Karsten KLEIN:

 

Bundesverkehrsminister Scheuer muss nach der Ankündigung eines Förderprogramms für die Elektrifizierung des regionalen Schienennetzes endlich erste Ergebnisse liefern. Die Vorlage eines Förderkonzepts durch das BMVI ist überfällig.

Die bisher von der Bundesregierung für die Elektrifizierung regionaler Schienenstreckten im Haushalt eingestellten und eingeplanten Mittel stehen in keinem Verhältnis zu den zu erwartenden Kosten und werfen die Frage auf, ob die GroKo hier tatsächlich ein ernsthaftes Interesse verfolgt oder ob es sich bei dem Förderprogramm nur um eine Luftnummer handelt?

Zusätzlich zu einer Elektrifizierung muss im Einzelfall auch der Einsatz alternativer Antriebstechniken geprüft werden. Dies muss auch für die Strecke Aschaffenburg – Miltenberg, inklusive Hafenbahn, gelten. Ziel muss es sein die optimale Lösung für Nutzer und Anwohner der Strecke zu finden.

Das BMVI und die Bundestagsabgeordneten der GroKo die dem Haushaltsauschusses angehören, vertreten unterschiedliche Meinungen bei der Auslegung des zum Förderprogramm gehörenden Haushaltstitels. Hier droht dem Start des Förderprogramms für die Elektrifizierung regionaler Strecken bereits der nächste Bremsklotz.

Hintergrundinformation

Seit der Ankündigung eines Förderprogramms zur Elektrifizierung regionaler Schienenstrecken durch Bundesverkehrsminister Scheuer ist aus dem Ministerium nur betretenes Schweigen zu vernehmen. Die Vorstellung eines Förderkonzeptes lässt weiterhin auf sich warten. Da das BMVI noch immer kein Förderkonzept vorgelegt hat, ist meine aktuelle Befürchtung, dass die Bundesregierung den Kostenumfang, der mit einer Elektrifizierung bereits einzelner regionaler Strecken einhergeht, vollkommen unterschätzt hat. Hierfür spricht, dass der zum Förderprogramm zugehörige Haushaltstitel im Bundeshaushalt 2019 lediglich mit 5 Mio. Euro unterlegt ist und auch die im Finanzplan 2018-2022 veranschlagten Mittel von 70 Mio. Euro, selbst wenn es sich zunächst nur um Gelder für Planungsleistungen handelt, viel zu gering angesetzt sind. Sogar der Parlamentarische Staatssekretär, Steffen Bilger, musste einräumen, dass die Höhe der Mittel „sicherlich unzureichend [sei]“(siehe Anhang, Sitzungsprotokoll: Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, 67. Sitzung. Berlin, 28.11.2018). Zum Vergleich, allein für das Projekt Dresden-Görlitz wurden laut Auskunft von Herrn Bilger im Zuge der Aufstellung des Bedarfsplans Schiene die Planungskosten auf 58,7 Millionen Euro geschätzt.

Ich appelliere daher an den Bundesverkehrsminister mit der Vorlage des für Ende des Jahres angekündigten Förderkonzepts auch klarzustellen, in welchem Umfang die GroKo die Elektrifizierung regionaler Strecken tatsächlich in den nächsten Jahren angehen möchte? Bekanntermaßen sieht sich der Bundesfinanzminister in Anbetracht des sich eintrübenden Wirtschaftsklimas bereits jetzt dazu veranlasst, den Bundeshaushalt nach Einsparpotentialen abzusuchen. Es wird sich daher bald zeigen, ob Scheuer seinen Worten auch Taten folgen lässt oder sich das Sonderprogramm als bloße Luftnummer entpuppt.

Wie aus der Antwort der Bundesregierung hervorgeht sind aktuell lediglich 953 km und damit 8,6 Prozent des regionalen Schienennetzes, mit einer Gesamtlänge von rund 11.000 km, elektrifiziert. Die nicht elektrifizierten Strecken des Regionalschienennetzes stellen dabei 30,3 Prozent des gesamten Schienennetzes. Auch wenn es aus Kosten-Nutzen-Sicht keinen Sinn macht, dass gesamte regionale Schienennetz zu elektrifizieren und hier der Einsatz alternativer Antriebe im Einzelfall unbedingt zu prüfen ist, besteht dennoch erhebliches Handlungspotential.

Allein Bayern setzt sich beispielsweise für die Elektrifizierung von sieben regionalen Strecken beim Bund ein. Darunter auch die Maintalbahn (Strecke Aschaffenburg – Miltenberg), inklusive Hafenbahn Aschaffenburg. Bei der Maintalbahn und Hafenbahn ist im Interesse von Nutzern und Anwohnern unbedingt zu überprüfen, ob der Einsatz eines alternativen Antriebssystems oder die Elektrifizierung die optimale Lösung darstellt. Beide Optionen würden zu einer Verminderung der Abgas- und Lärmbelastung führen.

Neben der sich hinziehenden Erstellung des Förderkonzepts durch das BMVI drohen Meinungsverschiedenheiten, zwischen den Bundestagsabgeordneten der GroKo die im Haushaltsausschusses sitzen und dem BMVI, bei der Interpretation des zum Förderprogramm gehörenden Haushaltstitels den Start des Programms weiter hinauszuzögern. Auf Antrag der GroKo wurde dem Haushaltstitel eine Erläuterung beigefügt in der die drei Strecken Neustadt – Landau – Wörth, Dresden – Görlitz und Cottbus – Görlitz genannt werden. Während das BMVI in seiner Antwort mitteilt, dass die drei Strecken im Haushaltstitel lediglich „beispielhaft“ genannt werden und „die genannten Projekte den gleichen Auswahlprozess wie alle anderen angemeldeten Projekte [durchlaufen]“, lassen Mitteilungen von Vertretern der GroKo eine gegensätzliche Auffassung erkennbar werden. So teilten die SPD-Bundestagsabgeordneten und Mitglieder des Haushaltsausschusses Ulrich Freese und Thomas Jurk in einer gemeinsamen Erklärung mit, dass: „Nach dem Willen des Haushaltsausschusses der Ausbau der Bahnstrecken Cottbus-Görlitz und Dresden-Görlitz über das neue Elektrifizierungsprogramm des Bundes finanziert werden [soll]“(siehe: https://www.spd- sachsen.de/jurk-freese-elektrifizierung-cottbus-goerlitz-dresden- kann-kommen/). Hier ist also Streit vorprogrammiert, wobei der Haushaltsausschuss, in dem die GroKo die Mehrheit stellt, das letzte Wort hat. Denn nur der Haushaltsausschuss kann den Sperrvermerk aufheben und die Mittel damit freigeben.